Der ewige Gärtner… Gedanken zu Ostern
Können wir in der Kirche Ostern feiern – jetzt angesichts der furchtbaren Corona-Pandemie, in deren Verlauf so viele Menschen erkranken und auch sterben?
Aber das ist irgendwo die Szenerie des beginnenden Ostermorgens. Wenn der Morgen dämmert nach dem Karsamstag und Maria von Magdala dem Friedhofsgärtner begegnen wird, scheint sich die Welt nicht verändert zu haben. Sie dreht sich weiter um ihre Achsen der Gebrechlichkeit, der Todesahnungen, der großen Leiden und der kleinen Hoffnungen. Maria und ein paar Leute gehen zum Grab, einen Leichnam zu balsamieren. Sie er innern sich wie alle Hinterbliebenen an einen, der war. Denn ihre Hoffnungen sind am Karfreitag gekreuzigt, gestorben und begraben worden. Ihr Weg in den Ostermorgen ist ein Gang zum Grab.
Und das wollen Osterzeugen sein? Ein Zeuge ist doch nur zuverlässig, wenn er sich gut erinnern kann auf die Frage: „Wo waren Sie in der Osternacht?“ Doch wer so die Zeugen des Ostermorgens befragt, wird die Wahrheit nie erfahren. Keiner war dabei. Keiner hat’s gesehen. Und selbst Maria, die enge Freundin, erkennt ihn nicht. Maria, Johannes, Petrus und all die anderen Osterzeugen haben so viel Beweiskraft wie ein leeres Grab. Nämlich keine.
Doch mitten hinein in die Dämmerung trifft sie die Botschaft der Auferstehung. Plötzlich und unerwartet lebt er. Das kann keiner erfinden, es würde ihm niemand glauben. Aus dem Grab kommt die Kunde vom Leben. „Was sucht Ihr den, der lebt, bei den Toten?“ Der Stein ist weggerollt. Die Türen des Glaubens lassen sich nur von innen öffnen.
Nur langsam dämmert ihnen und uns das Geheimnis des Ostermorgens: der Auferstandene ist der Gekreuzigte. Und doch er ist nicht der, der er war. Da stößt menschliches Begreifen an seine Grenzen. Selbst die Osterzeugen können ihn nicht fassen. Auch für sie war der Weg zum Glauben eine mühsame Erkenntnis. Denn nach dem Karfreitag ist Jesus nicht wieder zu erkennen. Sie haben andere Bilder von ihm im Kopf: den guten Hirten, den Menschenfischer, den großzügigen Gastgeber, den Wunderheiler. Ein Gärtner war da nicht dabei?!
Doch ist uns das Bild wirklich so fremd? Hatte man ihn nicht zuletzt im Garten gesehen zusammen mit seinen schläfrigen Jüngern? Hatte Joseph seinen Leichnam nicht in einem Garten beerdigt? Ein Gärtner sät und erntet. Er sorgt für Wachstum und Gedeihen. Er freut sich an der Pracht der Natur. Der Gärtner liebt die Schöpfung. Er hat ein Gespür für die Gezeiten. Für den Rhythmus des Lebens. Er weiß, dass Vergehen auch neues Leben bedeutet.
Gott, der ewige Gärtner. Das Bild ist älter als das des Guten Hirten oder des Menschenfischers, Urbild sozusagen. Denn immer dann, wenn der Schöpfer Ordnung ins Chaos bringen will, begegnen wir ihm als Gärtner. Im Garten Eden zuerst. Den hat er ja auch selbst angelegt. Er sieht die Bäume wachsen, auch jenen der Erkenntnis: den Lebensbaum, dessen Früchte nicht nur Adam und Eva überfordern, auch uns.
Am Ostermorgen, am Beginn des neuen Tages, am Anfang der neuen Schöpfung, werden wir an den Anfang von allem erinnert. Gewiss, auch am Ostermorgen bleibt die Vorstellung vom Paradies nur eine Ahnung. Der Auferstandene entzieht sich den Osterzeugen und uns. Aber er ist ins Leben gestorben. Und die Menschen erfahren die Bewegung von Vergehen und Neubeginn. Saat und Aufbruch. Aus Gottes Hand empfängt und feiert an Ostern seine Schöpfung ihre bunt aufbrechende Natur. Sie kleidet sich in prächtige Farben und formvollendete Blüten. Gottes Schöpfung bricht auf mit ihm zu neuem Leben.
Es geht uns wie Maria. Wir können wundervolle Augenblicke nicht festhalten. Aber mit ihr werden wir zu Boten des Lebens. Osterzeugen für Gott, den ewigen Gärtner.