![Fastenkalender, Hungertuch[172]](https://pfarrverband-tiefenbach.de/wp-content/uploads/2021/02/Fastenkalender-Hungertuch172-1024x725.jpg)
Gedanken zum Hungertuch 2021
Du stellst meine Füsse auf weiten Raum! (PS 31)
Was können wir mit unseren Füßen nicht alles machen! Unsere Füße tragen und stabilisieren uns, sie geben festen Stand. Beim Tanzen drücken wir mit ihnen unsere Freude aus und beim Pilgern lassen wir uns in die Weite Gottes tragen: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ (Ps 31,9) Verletzt verurteilen sie uns zur Unbeweglichkeit.
Werfen wir einen Blick auf das ungewöhnliche MISEREOR-Hungertuch von Lilian Moreno Sánchez – sie stammt aus Chile, lebt und arbeitet aber in Deutschland. Dieses Hungertuch ist ein Triptychon mit kraftvollen Linien, die dynamisch zu schwingen scheinen. Anatomische Details fügen sich zu einem Bild: Ein Fuß kommt uns in der gesamten Breite auf hellem Grund entgegen.
Zeichen-Kohle umreißt in großen Gesten die gebrochenen und verdrehten Knochen. Die Künstlerin hat ein Röntgenbild aus einer Klinik in Santiago de Chile verwendet. Opfer ist ein Mensch, der bei der Wahrnehmung seiner Bürgerrechte durch die Staatsgewalt verletzt worden ist.
Seit Oktober 2019 protestieren in Chile viele Menschen öffentlich gegen Ungleichheit und ungerechte Strukturen. Hunderte wurden durch die Polizei geschlagen und verletzt. Das Motiv des verwundeten Fußes steht hier stellvertretend für alle Orte, an denen Menschen gebrochen und zertreten werden. Aber es verweist auch auf unsere Bestimmung als Menschen: Wir sind mit unseren Füßen fest auf diese Erde gestellt, um unsere Wege zu suchen und zu gehen: Aufrecht, in Würde und Freiheit, in Gerechtigkeit und Solidarität!
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“: Der Psalm atmet den Duft der Freiheit, wenn Füße schwach, Wege uneben und Räume eng werden – so wie in den vergangenen Monaten, als die Corona-Pandemie unseren Radius massiv eingeschränkt hat.
Diese Krise trifft uns weltweit, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Wir erleben denselben Sturm, sitzen aber nicht alle in demselben Boot. Die Länder des Südens trifft das Virus noch einmal härter als uns. Wo viele Menschen sich wenig Raum teilen müssen, da ist „Social Distancing“ eine absurde Forderung.
Solidarisch mit den Armen und Verletzlichen erhoffen wir den Wandel von entwürdigenden Verhältnissen gegen die Beherrscher einer üblen Normalität. Denn wir wissen, dass sich die Dinge ändern können – wenn wir nur wollen.